Der Vergleich ist da (mit den KZs) – ob ich es will, oder nicht.Ihre
Augen, wenn sie durch die Spalten der Transporter blicken, drücken
Empfindungen aus, die genauso von uns Menschen Besitz ergreifen würden:
Verzweiflung, Unverständnis, Panik, Verwirrung, furchtbare Angst vor
diesem Grauen, das sie erwartet. Sie spüren es.Der Nobelpreisträger Isaac Bashevis Singer, selbst ein Jude und Überlebender des Nationalsozialismus sagte einmal:„Für die Tiere ist jeder Mensch ein Nazi – für die Tiere ist jeden Tag Treblinka.“
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(c) Foto Daniela Böhm
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Redebeitrag am 5.12.2015 bei der Weihnachtsmahnwache am Odeonsplatz in München
„Das habe ich nicht gewusst“, kann
heute kaum noch jemand sagen, wenn es um das Milliardenfache Leiden der
Tiere geht. Ob es die Massentierhaltung ist, die Überfischung der Meere,
ob es Tierversuche sind, das Töten von Tieren für die Pelzindustrie und
vieles, vieles mehr – in allen Medien wird über die Qualen der Tiere
berichtet. Fast jeder findet es furchtbar, aber im Verhältnis zu ihrem
immensen Leid, entschließen sich wenige Menschen, entscheidende Schritte
zu tun und zu handeln.
Was der Mensch heutzutage den Tieren
antut, kann mit keinerlei Argumenten mehr gerechtfertigt werden. Es gibt
keine Rechtfertigung für Qual, Leid, Missbrauch und gewaltsamen Tod. Und es gibt keine Wiedergutmachung. Wiedergutmachung gibt es nur an den Lebenden.
Der Holocaust Vergleich ist umstritten, auch in der Tierrechtsbewegung.
Das hat seinen guten Grund, denn die Gräueltaten der Nationalsozialisten
sind unvergleichbar in ihrer abgrundtiefen und grausamen Verachtung
gegenüber anderen Ethnien. Und ich schäme mich jedes Mal aufs Neue, wenn
ich höre, dass es in diesem Land nach wie vor Menschen gibt, die aus
der Vergangenheit nichts gelernt haben.
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Aber, und ich sage das mit allem gebührenden Respekt und tiefstem Mitgefühl gegenüber den Opfern des Holocaust:
Ich komme nicht umhin an KZs zu denken, wenn ich die Lastwagen mit den
Schweinen und Rindern bei den Mahnwachen am Münchner Schlachthof
einfahren sehe. Der Vergleich ist da – ob ich es will, oder nicht. Ihre
Augen, wenn sie durch die Spalten der Transporter blicken, drücken
Empfindungen aus, die genauso von uns Menschen Besitz ergreifen würden: Verzweiflung, Unverständnis, Panik, Verwirrung, furchtbare Angst vor diesem Grauen, das sie erwartet.Sie spüren es.
Der Nobelpreisträger Isaac Bashevis Singer, selbst ein Jude und
Überlebender des Nationalsozialismus sagte einmal: „Für die Tiere ist
jeder Mensch ein Nazi – für die Tiere ist jeden Tag Treblinka.“
(c) Foto Silke Huber
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Allein in Deutschland werden schätzungsweise jedes Jahr 50 Millionen
Küken vergast oder geschreddert, weil sie männlich und dadurch für die
Eierindustrie wertlos sind. (Quelle PETA.e.V. Stand Feb. 2015) Eines der
vielen Verbrechen, das mit dem gnadenlosen Kapitalismus des Menschen
und seinem vermeintlich unvermeidbarem Verzicht auf Fleisch
gerechtfertigt wird. Ein Verbrechen bleibt aber ein Verbrechen, auch
wenn die Schreie der Opfer nicht gehört werden und sie noch nicht als
solche anerkannt sind.
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Das Wort Mord an den Tieren
nehmen all jene, die ihn billigen, natürlich nicht in den Mund. Das
haben wir hierzulande der katholischen Kirche zu verdanken, die das
fünfte Gebot ausschließlich auf den Menschen bezieht, und einem
sogenannten Tierschutzgesetz, dem die wichtigste Grundlage fehlt: Das
Recht auf Leben.
Und was ist das für ein Tierschutzgesetz, das zu oft nicht eingehalten wird, wie es die vielen Schlachthausskandale beweisen? Schlachthöfe
sind nicht nur Orte des Todes, sondern auch des grauenvollsten
Missbrauchs. Aus reiner Gier einer subventionierten und gnadenlosen
Fleischindustrie, die mafiöse Strukturen und Verstrickungen aufweist,
werden im Akkord Tiere geschlachtet, oft genug mangelnd oder fehlbetäubt
und schon vorher misshandelt. Es werden mehr Tiere
geschlachtet, als Nachfrage vorhanden ist, und ihre Leichenteile deshalb
in alle Welt verschickt oder in riesigen Kühlhallen gelagert, um eines
Tages zum Dumpingpreis auf den Markt geworfen zu werden. Es ist ein durch und durch krankes und perverses System.
Die Dunkelziffer der trächtig
geschlachteten Kühe ist enorm hoch. Um mehr Geld zu bekommen, denn der
Preis rechnet sich nach Gewicht, oder um sich die Untersuchung zu
sparen, schicken Betriebe sehr oft ihre trächtigen, manchmal sogar
hochträchtigen Kühe in den Tod. Das ungeborene Wesen muss die
Todesangst und Verzweiflung und schließlich den Tod seiner Mutter
miterleben, bevor es in ihrem Leib qualvoll erstickt. Eine halbe Stunde dauert dieses Ersticken. Es
gibt ein Grauen, für das es keine Worte gibt – ein Grauen, das
unbeschreibbar ist, fast möchte ich sagen, unvorstellbar. Aber es
passiert hier, auch am Münchner Schlachthof, inmitten dieser Stadt, die
sich Weltstadt mit Herz nennt.
Für viele Menschen ist ein Tier weit
weniger wert als eine Sache. Das neue Smartphone wird gehegt und
gepflegt, wehe es fällt herunter und geht kaputt. Aber ein Tier? Das ist ja nur ein Tier – ein Nutztier.Dieser
vom Mensch erfundene Begriff soll das Töten rechtfertigen und
degradiert ein Lebewesen zu einem Gegenstand, den er gebrauchen kann.
Nur dass Gegenstände oft genug besser behandelt werden als Tiere.
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Das ist eine Schande für die Menschlichkeit.
(c) Foto Silke Huber
Die Fleischindustrie tötet nicht nur Abermilliarden von Tieren,
sondern unseren Planeten gleich mit dazu. Ein Kollateralschaden halt –
wie im Krieg. Und wie im Krieg wird er wissentlich in Kauf genommen –
von der Fleischindustrie und der Politik. Der Ruf nach artgerechter
Tierhaltung ist nichts weiter als ein erbärmlicher Versuch, das Gewissen
zu beruhigen – kein Bauer oder Fleischkonsument streichelt ein Tier zu
Tode. Die sogenannte artgerechte Tierhaltung ist nichts anderes als eine
artgerechte Gefangenschaft bis zum gewaltsamen Tod durch Menschenhand.
Es grenzt nicht nur an Irrsinn, sondern es ist Irrsinn:
Auf der einen Seite gibt es unzählige Tierarten, die vom Aussterben
bedroht sind – womit wiederum Zoos die Gefangenschaft von Tieren
rechtfertigen – und andererseits werden bestimmte Tiere vom Menschen wie
am Fließband produziert und durch die damit verbundene
Futtermittelindustrie Lebensraum bedrohter Arten zerstört.
Kein Tierleid ist ethisch vertretbar. Es gibt gibt genügend
Möglichkeiten, sich tierleidfrei warm zu halten und ausreichend
tierleidfreie Nahrungsmittel. Diese Aufzählung lässt sich weiter
fortsetzen, wenn es darum geht, Tiere nicht für den Menschen leiden zu
lassen. Denn das Leid der Tiere ist ein Fakt und jeder von uns hat die
Macht und mittlerweile auch die Pflicht, etwas zu verändern. Das Sterben
dieses Planeten, der unser aller Grundlage ist, ist ebenso ein Fakt –
die Massentierhaltung, welche die Natur zerstört, unvorstellbare
Ressourcen verbraucht und auch für den Hunger in den ärmeren Ländern
verantwortlich ist, ist keine Einbildung von ein paar verrückten
Veganern, sondern mittlerweile eine anerkannte Tatsache.
Jeder Einzelne von uns kann ein Licht für die Tiere sein, das
die Dunkelheit erhellt. Jeder Einzelne trägt selbst die Verantwortung,
nicht Politiker oder Konzerne. Und jeder Einzelne von uns entscheidet
über Leben und Tod jener Mitbewohner dieses Planeten, die schon lange
vor uns da waren und das gleiche naturgegebene Recht auf Leben haben wie
wir Menschen.
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